Warum ein Blog zu kindern psychisch erkrankter Eltern?
I’ve been looking for freedom ist ja eigentlich nicht von David Hasselhoff, sondern von Marc Seaberg – und obendrein auch nahezu 1:1 nachgespielt auf Geheiß von Jack White, Vater der ganzen Chose, der 1978 auch gleich eine deutsche Version für Tony Marschall produzierte.
Freiheit also, darum ging es.
Und deswegen passte es auch wunderbar, dass der Song im Rahmen der Deutschen Einheit gesungen wurde. Damals war ich 14 und lernte das Lied erst später durch die Medien kennen. Die Deutsche Einheit war an mir vorbeigegangen während sich mir mein Freiheitsthema erst noch stellen sollte.
Die Grundlagen für diese Frage aber kristallisierten sich bereits deutlich heraus: Meine Mutter entwickelte eine paranoide Schizophrenie.
Im Gegensatz zum Protagonisten des Liedes, war ich kein „rich man’s son“, also kein Sohn reicher Eltern. Und ich machte mich auch nicht auf die Suche nach meiner Freiheit. Weil ich nicht konnte.
Innere und äußere Freiheit
Freiheit im Sinne der eigenen Persönlichkeit und des eigenen Lebens hat zwei Seiten, wie ich erst sehr viel später lernen durfte: Die innere Freiheit und die äußere Freiheit.
Äußere Freiheit heißt, formal frei zu sein, also alles, was mit Regelungen oder auch materiellen Grenzen zu tun hat. Was kann ich auf der Basis meiner materiellen und formalen Ressourcen tun? Welche Möglichkeiten besitze ich? Ein Lottogewinn etwa schafft viele Freiheiten aber auch das gesetzliche untermauerte Recht, zu reisen.
Daneben gibt es die innere Freiheit.
Diese innere Freiheit ist wesentlich schwerer zu fassen, weil sie nicht ausgebreitet vor einem liegt und viel schwerer zu quantifizieren, also zu messen ist, als etwa der Inhalt eines Bankkontos. Zwar ist sie auch abhängig von äußeren Umständen, doch die Manifestation ihrer Selbst liegt zuvorderst nicht in der Macht ihres Besitzers.
Innere Freiheit muss ermöglicht und dann erst erlernt werden. Das Ziel ist die innere Autonomie des Einzelnen.
Demgegenüber stehen Verantwortungsübernahme und das Gefühl der Verpflichtung. Es geht also um emotionale Fragen, denn auch das schlechte Gewissen spielt eine Rolle. Diese Faktoren schränken die innere Freiheit ein.
Eine psychisch erkrankte Mutter zieht die Kinder zur Verantwortung – zumindest war das bei mir so. Zugleich will das Kind Verantwortung für eine Aufgabe übernehmen, an der es scheitern muss: die Rettung der Mutter. Dies aber geschieht nicht für die Mutter und um derentwillen, sondern um des Willen des Kindes, weil es die Mutter braucht.
Die Mutter wiederum verliert durch die Krankheit die Möglichkeit, Mutter zu sein. Sie verliert damit auch die Chance, dem Kind beizubringen, was es heißt, ein eigenes Leben zu leben.
Damit dreht sich alles um die innere Freiheit des Kindes, weil es in der Verantwortungsübernahme zu Hause gefangen ist, anstatt zu versuchen, sich selbst auszuprobieren. Es ist innerlich nicht frei, weil es weiß, dass zu Hause eine Mutter ist, die ihre Paranoia nicht erträgt und Angst hat, umgebracht zu werden.
Wie soll das Kind in einer solchen Situation ein gutes Gefühl haben, seinen eigenen Weg zu gehen?
Dieser Blog also ist ein weiterer Schritt meiner Selbst zu innerer Freiheit. Dazu gehört auch, sagen zu können, was ist. Daher ist er mit Klarnamen verfasst. Denn sich zu hinter einem Pseudonym zu verstecken, käme dem Spiel der Unfreiheit gleich.
Wenn also Hasselhoff singt, dass er von Tür zu Tür sucht, um seine Freiheit zu finden, dann ist dieser Blog eine weitere Tür.
„…and the search goes on!“